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holoAm Freitag, dem 13. November, fand im Theaterraum des GSG unser Gespräch mit der israelischen Künstlerin und Zeitzeugin Sara Atzmon statt. Vor ihrer Ankunft sahen wir, die Schülerinnen und Schüler der Q2, eine 45-minütige Dokumentation über ihren Lebenslauf. In teils trauriger, teils bedrückender Weise berichtete der Film über Sara Atzmons Schicksal als Kind einer jüdischen Familie unter dem Einfluss der deutschen Naziherrschaft.
1933 als vierzehntes von sechzehn Kindern geboren, erlebt die elfjährige Sara Gottdiener ab 1944 die systematische Verfolgung und Vernichtung europäischer Juden durch die Nationalsozialisten. Saras Vater und vier ihrer Brüder werden zur Zwangsarbeit eingezogen, die Familie kommt in das Ghetto von Debrecen und lebt voller Angst und Demütigung, bis von dort aus der Transport nach Auschwitz und somit scheinbar die endgültige Auslöschung ihrer Geschichte beginnt. Doch der Waggon, in dem Sara und ihre Familie tagelang mit neunzig weiteren Menschen eingepfercht sind, ist auf der Vernichtungsliste des diensthabenden Offiziers nicht registriert und so wird er abgewiesen und es beginnt für die Familie eine unvorstellbare Odyssee durch Ungarn, Österreich und Deutschland, die schließlich im niedersächsischen Konzentrationslager Bergen-Belsen endet.

Als amerikanische Truppen im Jahr 1945 auf einen führerlosen Zug im Wald nahe Bergen-Belsen treffen, ist Sara endlich befreit und kann mit ihren Geschwistern, aber ohne Mutter und Vater, nach Palästina ausreisen, wo sie drei Jahre später die Gründung des neuen Staates Israel erlebt. Im Jahre 1951 tritt Sara Gottdiener in die israelische Armee ein und lernt dort ihren heutigen Ehemann Uri Atzmon kennen. Doch erst 33 Jahre nach den unsäglichen Erlebnissen ihrer Kindheit beginnt Sara Atzmon mit der Malerei, verarbeitet ihre Erlebnisse in der NS-Zeit, organisiert Ausstellungen und reist um die Welt.
Nach dem Ende der Dokumentation sprachen nun Sara und Uri Atzmon persönlich zu uns, um eindringlich vor einer Wiederholung von Verfolgung und Terror zu warnen, aber auch um ihre persönliche Sichtweise der aktuellen Situation Israels darzustellen. Die Möglichkeit, Fragen zu stellen, wurde von unseren Mitschülern und Lehrern lebhaft genutzt – allerdings stellte sich bald ein diffuses Unwohlgefühl ein, als es um die Frage nach einer kollektiven deutschen Schuld und die Aufgabe junger Generationen ging, Verantwortung für die Geschichte des eigenen Landes zu übernehmen. Auch wenn man sich bei vielen Ansichten uneinig war, so waren sich doch alle Zuhörerinnen und Zuhörer im Klaren, dass der Holocaust und der damit einhergehende Rassismus in jeglicher Form abzulehnen ist – und zwar nicht nur rückblickend, sondern vor allem angesichts der aktuellen Lage im Nahen Osten und der tausender Flüchtlinge in Europa. Wir danken allen, die dieses Gespräch ermöglicht und lebendig gemacht haben.


Nawid Aziz, Mazlum Coskun und Christine Roland